Welche Auswirkung hat eine unterschiedliche Haltung beim agiler werden?

Ich bin oft in Organisationen, um beim Prozess des agiler Werdens zu helfen.  Das ist mein Job, das mach ich und ich mach es sehr gerne!

Was mir dabei immer wieder auffällt, ist die starke Bedeutung der unterschiedlichen Denklogiken der beteiligten Menschen.

6 Haltungsstufen einfach illustriert
6 Haltungsstufen, in Anlehnung an das Buch „Haltung entscheidet“ von Martin Permantier

Die EINEN sehen die Veränderung eher als Prozess. Es geht vor allem um das Effizienter werden im Ablauf: „Die Teams sollen das nach Scrum machen.“

Und das ist ok so, wenn das Ziel die Einführung eines verbesserten Prozesses ist.

Leider ist das manchmal zu wenig, wenn beispielsweise mehr Eigenverantwortung, Attraktivität für Mitarbeiter, Innovation oder bessere Anpassungsfähigkeiten davon erwartet werden.

Die ANDEREN sehen die Veränderung als Notwendigkeit um genau diese Eigenschaften zu erreichen. Die Einführung von agilen Methoden ist dann nur ein möglicher Weg dorthin.

Wenn die gesamte Veränderungsinitiative dabei aber SCRUM als Fokus hat, weil es ein gut darstellbares Ziel ist, dann entgeht der 2. Gruppe (den „anderen“) möglicherweise der Nutzen der Veränderung. Die 1. Gruppe (die „einen“) könnten super happy sein: „Die Prozessimplementierung von Agil ist zu 90% fertig – super! Hurrah! Alle haben jetzt ein transparentes Backlog. Perfekt! Jetzt kann man das verwenden, um den Jahresplan 2025 darauf aufzubauen.“

Versteht mich nicht falsch: Das kann ein wirklich gutes und sehr hilfreiches Ergebnis sein!

Jedoch sind die Haltungen (das Mindset / das vorherrschende Denkmodell) dieser beiden Gruppen nicht gleich. Die einen pushen eher den Einführungsprozess der Methode, die anderen pushen eher das Lernen der Menschen am Weg der Veränderung. Das ist NICHT DAS GLEICHE! Und darüber kann man sich im Detail echt wirklich gut streiten!

Ja, auch das passiert im realen Leben dort draußen: Ich erlebe das in der Form von Konflikten zwischen den Denklogiken, beispielsweise: „Das ist ja eh klar!“ In unerfüllten Erwartungen der einen oder der anderen oder überhaupt in Machtkämpfen auf anderen Schauplätzen der Organisation. Da kann schnell mal sehr viel Energie darauf investiert werden, recht zu haben.

Schon mal erlebt?

Also, was kann man praktisch tun?

Ich empfehle zu dem Thema folgende Dinge zu machen:

  1. Ein gemeinsames (aktuelles) Zielbild aller Auftraggeber herstellen. Daran kommt man nicht herum. Und die Vorstellungen muss man immer wieder erneuern und dem Umfeld erklären. Das ist oft kein einmaliger Prozess, da alle Beteiligten sich beim TUN weiterentwickeln.
  2. Den Auftrag klären. Immer wieder neu. Wenn sich die Vorstellung des Zielbildes ändert, muss der Auftrag an das Change-Team angepasst werden. Sonst enttäuscht man die einen oder die anderen.
  3. Offen, transparent und viel mit den Stakeholdern kommunizieren. Es muss frühzeitig die Gelegenheiten geben, Unterschiedlichkeiten anzusprechen. Das kann im Moment unangenehm sein, aber es klärt die Sache schnell.
  4. Mittelfristig die unterschiedlichen Vorstellungen von Normal (der Haltungen) unter den Stakeholdern sichtbar machen. Das braucht einen vertrauten Rahmen. Aber erst das Erkennen der Unterschiede, erlaubt es ihn bewusst besprechbar zu machen.

Hier in dem Beitrag habe ich mal ein Erklärungsmodell zu dieser Haltungsentwicklung geschrieben. Ich denke, das ergänzt diesen Artikel hier sehr gut: LINK zum Artikel

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